Das «Nukleare Gipfeltreffen» im Dolder
Die ganze westliche Welt schien sich an diesem Freitag, den 27. Juni im Hotel Dolder Grand eingefunden zu haben. Die Investment Firma Arnova hatte zum «Nuclear Summit» eingeladen und die Weltwoche hatte dazu aufgerufen.
Der Energie Club Schweiz war dabei – und das an prominenter Stelle: Unser Initiativkomitee-Mitglied Daniel Aegerter sass im Eröffnungs-Panel, zusammen mit Lukas Aebi vom Nuklearforum, einem Schweden von der Firma Studsvik und einem Polen. Roger Köppel leitete es. Der Titel hiess: «Die Zukunft der Kernenergie». Die Euphorie war gross: Man sprach von einem «Dammbruch». Warum? US-Präsident Donald Trump hatte vor wenigen Tagen eine Reihe von Verfügungen erlassen, welche die Entwicklung und den Bau neuer Kernkraftwerke nicht nur erleichtert, sondern gar vorantreiben. Den bisher zögerlichen Bewilligungsbehörden werden Beine gemacht. Schon zeigen sich gemäss Aegerter – Investor beim Start-up Oklo – die ersten positiven Auswirkungen.
In der Folge lernte man vieles über Ideen und Projekte. Grossen Raum nahmen die bis vor kurzem übersehenen Datencenter als «Stromfresser» ein. Sie brauchen zuverlässigen Strom und sie sind bereit, dafür zu bezahlen. So hat Microsoft mit dem Stromgiganten Continental ein Stromlieferungs-Abkommen für 20 Jahre abgeschlossen. Dazu bezahlt Microsoft 1,6 Milliarden $ um das AKW Three Mile Island 1 wieder anzufahren, das 2019 aus wirtschaftlichen Gründen abgestellt worden war. Das Werk soll schon 2027 wieder Strom liefern. Microsoft hat sich verpflichtet, ihn zu kaufen.
Es gab Momente, der unfreiwilligen Heiterkeit: Da stritten sich in einem Panel zwei Entwickler (Dual Fluid und Copenhagen Atomics) wer von ihnen als erster Strom für 2 Eurocents anbieten könne, während ein Dritter (Transatomic) seinen Reaktor möglichst verteuert, indem er einen Protonenbeschleuniger vorschaltet. Oder wenn ein Fragesteller wissen wollte, wann die Amerikaner endlich einen SMR in Betrieb nähmen und der Amerikaner cool entgegnete: «Wir bauen seit über 60 Jahren SMR und bauen sie in U-Boote und Flugzeugträger ein». Eher Ärger kam beim Berichterstatter auf, als die Vertreter der Fusion zum Erzählen von Unsinn Zuflucht nehmen mussten. So hob einer von ihnen sein Glas Wasser und behauptete: «Hier sehen sie den Treibstoff für unsere Fusionskraftwerke!». Ja, sie benötigen schweren Wasserstoff (Deuterium), der zu 0,01% im Wasser vorkommt, aber sie brauchen auch den überschweren Wasserstoff (Tritium), der in der Natur kaum vorkommt und aus Lithium hergestellt werden muss.
Als Star des Tages darf man wohl Jake DeWitte bezeichnen, der mit «Oklo» das Projekt leitet, das wohl am meisten verspricht. Er war im Oval Office dabei, als Trump die erwähnten Verfügungen unterzeichnete. Er stellte Oklo anschaulich und mit viel Herzblut vor. Es handelt sich um die Wiederauferstehung des von Clinton (wohl unter dem Druck der mächtigen Ölkonzerne) in den 90er Jahren abgebrochene Projekt «Integral Fast Reactor» (IFR). Dieses AKW produziert ausser Spaltprodukten keinen Abfall. Es nutzt alles Uran und Plutonium wie auch die lästigen Transurane als Energiequellen. Die Wiederaufarbeitung findet an Ort und Stelle statt. Transporte von «Atommüll» erübrigen sich. Übrigens: Oklo Kraftwerke wird man nicht kaufen können. Oklo Ldt. wird sie betreiben und den Strom verkaufen.
Anschliessend durfte Daniel Aegerter ihn eine halbe Stunde lang befragen. Er begann mit dem Satz «Let’s talk about love» eine Anspielung auf die Tatsache, dass Oklo ein Gemeinschaftswerk des Ehepaars Caroline und Jake DeWitte ist. Aber auch die Liebe zur Kernenergie kam im Lauf des Interviews zur Sprache. Woher kommt sie? Wie kann man sie begründen? Kernenergie ist eine epochale Innovation. Sie ist das zweite Feuer. Das erste Feuer hat uns zu Menschen gemacht. Das zweite Feuer wird eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte begründen.
So endete der «Nuclear Summit» fast philosophisch.
